Wie sich der Säuglingsprozess “Mangel - Handlung - Liebe” in uns eigebrannt hat
Dies ist ein Auszug aus meinem Buch “Vom erfüllenden Mangel”
Liebe erhalten ist Überleben. Das erleben wir als Säugling und das geht gar nicht anders. Denn als Säugling mangelt es uns an allem. Wir sind komplett hilflos, komplett wehrlos und dadurch komplett auf unsere Aussenwelt angewiesen. Hunger, Schmerz, Müdigkeit - alles manifestieren wir mit Schreien, mit Lärm, mit unangenehmer Geräuschkulisse für unser Umfeld. Und das nur mit einem Ziel: um auf uns aufmerksam zu machen. Um Essen, Wärme und Hilfe zu erhalten. Und uns geborgen zu fühlen. Und geliebt. Werden wir gehört und bekommen wir das, an was es uns mangelt, geht es uns besser. Auslöser, Handlung, Belohnung. Der dreiteilige Veränderungsprozess ist in uns drin, seit unserer Geburt. Und wir üben ihn ein in Perfektion. Denn er bedeutet für uns pures Überleben. Der Auslöser ist dabei immer ein Mangel. Die Belohnung am Ende immer eine Anerkennung unseres Daseins als Säugling. Die Anerkennung, dass wir gewollt sind, dass man uns hört. Und im Endeffekt, dass man uns liebt.
Mangel - Handlung - Liebe.
Dieser Prozess prägt sich tief in uns ein. Mit der Zeit wird er uns aber immer unbewusster. Und wir werden auch unbewusster für unser grösstes, tiefstes Bedürfnis in unserem Leben: Liebe.
Dabei geht es nicht um die Liebe eines anderen Menschen zu uns. Im Ursprung geht es um die Liebe von uns zu uns selbst. Das wir uns selbst lieben. Das klingt jetzt sehr «klischeehaft». Aber überlegen Sie noch einmal: Mangel - Handlung - Liebe.
Was passiert, wenn Sie Ihr Traumgewicht erreichen? Sie haben aus einem Mangel gehandelt (Ja, Übergewicht ist im Ursprung ein Mangel) und nun ein Bild von sich erreicht, in dem Sie sich selbst wieder lieb haben.
Was passiert, wenn Sie Ihren Traumjob gefunden haben? Es hat Ihnen etwas gefehlt, Sie haben gehandelt und haben nun ein gutes Gefühl. Sie haben sich nun lieb. Hatten Sie sich vorher weniger lieb? Ja, auch wenn Sie sich dies nicht eingestehen wollen. Aber fühlen Sie sich mal rein in dieser «vorher». Wir empfanden Sie sich?
Natürlich kann jetzt der Mahnfinger kommen, der sagt «Das ist alles Befriedigung aus dem Aussen, das ist alles nur Kompensation! Das Gewicht, der Job, die Beziehung, das lenkt alles nur ab von der inneren Unruhe. Sich selbst lieb zu haben braucht nichts aus dem Aussen!».
Und ja, Sie haben recht. Aber die Beispiele hier sind nur der Anfang des Gedankenzuges. Natürlich ist Selbstliebe unabhängig aller Widrigkeiten das Ziel im Leben. Aber Sie rennen auch nicht von heute auf morgen auf den Mount Everest, ohne Vorbereitung und ohne die Zusammenhänge genauer zu verstehen. Sie können sich nicht von heute einfach so selbst lieben und in kompletter Unabhängigkeit zum Aussen die vollste Zufriedenheit erreichen. Es geht auch hier nur Schritt für Schritt.
Doch was ist eigentlich genau die Triebfeder dieses Motors? Ist es die Liebe? Ist beim Säugling die Liebe die Triebfeder seiner Handlung?
Nein, es ist die Angst. Angst, nicht gehört zu werden. Angst, keine Hilfe zu erhalten, keine Nahrung, keine Wärme. Je länger der Säugling warten muss, desto grösser wird seine Angst. Im Grundsystem sendet er «nur» seinen Mangel weiter. Wird dieser umgehend wahrgenommen, ist alles gut. Der Kreislauf funktioniert. Es entsteht Vertrauen. Vertrauen in sein Umfeld und seine Umwelt. Man hört mich. Ich werde wahrgenommen. Ich bin da. Ich werde bestätigt. Ich werde anerkannt. Im Grunde also Verhaltensweisen, die wir später als Erwachsene genauso weiterführen. Wir wollen gehört, wahrgenommen, bestätigt und anerkannt werden. Wir wollen «sein» und suchen im Aussen nach Rückmeldungen zu unserem Sein. Zu unserer Existenz.
Ist unsere Existenz in Gefahr, so kommt das Gefühl der Angst auf. Angst entsteht aus Misstrauen, das etwas nicht gut kommt. Das unsere Existenz in Gefahr ist. Andersrum, überlegen Sie mal:
Überall dort wo Sie Vertrauen haben, haben Sie keine Angst. Überall, ohne Ausnahme.
Vertrauen in Ihren Partner und Sie haben keine Verlustangst. Vertrauen in Ihren Körper und Sie haben keine Angst vor Krankheiten. Vertrauen in Ihre Wirkung und Sie haben keine Angst, sich zu blamieren. Sie können dies gerne beliebig weitertesten. Schreiben Sie mir, falls Sie ein Beispiel gefunden haben, bei dem die Angst bleibt, obwohl Sie 100 % Vertrauen haben.
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