“Kann ich nicht einfach leben, statt die ganze Zeit nach dem ‘Leben’ zu suchen” - “Äh, lebst du den ‘einfach’?”

Dies ist ein Auszug aus meinem Buch “Der Strange Times Transformation Guide”

«Ich bin aber gar nicht so unzufrieden mit dem Leben und die ganze Selbstoptimierung ist doch auch übertrieben», magst du jetzt denken. «Warum nicht einfach leben?» Lebst du denn auch «einfach»?

In den guten Momenten mag das so sein, aber wie viele Momente hast du in deinem Leben, in denen du innere Unruhe, Stress, Zweifel und Müdigkeit empfindest? In welchen du streng zu dir bist und deinen Jugendträumen nachgehst und dabei Lebensbilder vor deinem inneren Auge auftauchen, welche all deine inneren Sehnsüchte, Wünsche und Hoffnungen abspielen, welche alle ein massgebendes Merkmal in sich vereinen: Der freie Schöpfer deiner ganz eigenen Realität zu sein, in welcher du dich selber sein kannst, genauso, wie du es fühlst. Und da bist du nicht alleine: Jedes Lebewesen hat genau dieses gleiche eine innerste Ziel: Die Freiheit in der Gestaltung seiner ganz eigenen innersten Realität in seinem Leben im Hier und Jetzt. Erst dann, wenn die innere Realität, unsere Identität und unsere äussere Realität, unser Leben, eins werden und sich nicht mehr überschneiden, erst dann erfahren wir jene Einheit mit der Welt und dem Sein, welche uns genau jene Freiheit empfinden lässt, die wir in uns spüren und die nichts anderes will, als im Aussen manifestiert und realisiert zu werden. Der Weg in diese Freiheit führt über deine Intuition. Damit du aber deine Intuition wieder voll spüren und deuten kannst, musst du alle Glaubenssätze, welche du in deinem Leben mitbekommen und mitgenommen hast achtsam und bewusst verstehen und deuten lernen. Dein Leben ist dabei dein grösster Verbündeter und bester Trainer: Es gibt dir andauernd Rückmeldungen in Form von Gedanken und Emotionen, welche in dir etwas auslösen. Genau das, was sie auslösen, gilt es anzunehmen und zu verstehen und nicht zu verdrängen und zu unterdrücken. Je weniger Energie du aber in dir hast, desto schwieriger ist es, eine neutrale beobachtende Haltung einzunehmen und diese Rückmeldungen des Lebens ruhig und mit Dankbarkeit anzunehmen und Wegleiter zu sich selbst als solche zu verstehen. Je weniger Energie wir haben, desto eher suchen wir nach raschen Lösungen aus dem Aussen in Form von externer Energie, sei dies durch Nahrung, Substanzen, Konsum, Beziehungen, Anschuldigungen, Opferhaltung, Machtspiele und vielem mehr. Aber die Antwort liegt nie im Aussen, das Aussen ist stets nur der Spiegel des Innen und der inneren Haltung zu Leben. Und diese innere Haltung wiederum wird bestimmt durch den eigenen Selbstwert. Zweifel reflektiert Zweifel, Angst reflektiert Angst, Wut reflektiert Wut und Enttäuschung reflektiert Enttäuschung. Und so bildet ein jeder von uns seine eigene Realität, die aber stets nur seine eigene ist, weil sie aus seinem Inneren nach aussen projiziert wird. Je schlechter es uns dabei geht, desto mehr suchen wir nach einer Bestätigung unseres bestehenden Weltbildes und desto gereizter reagieren wir auf alles, welches diesem Weltbild widerspricht. Genau aus diesem Grund entsteht in grossen Krisen eine enorm gereizte Stimmung. In guten Zeiten ist unser Fokus auf die äussere Realität nicht sehr stark, wir erleben das Leben in einem traumähnlichen Zustand, ziemlich verschwommen und vor sich hinplätschernd. Nun kommt eine Krise und wir werden angespannt. Wir schärfen unseren Fokus, wie dies schon unsere Urahnen in der Steppe getan haben. Wir aktivieren den Flucht- oder Kampf-Modus und sind ganz im Aussen, also unsere innere Realität wird ganz ins Aussen projiziert. Und dabei jedem seine ganz eigenen Ängste auf Grund seines ganz eigenen Realitätskonstrukts. Und da wir heute in einer sehr aufgeteilten Welt leben, in welcher ein jeder von uns ein Spezialist in einem ganz engen Gebiet ist und dabei auch noch in ganz eigenen Kulturen und familiären Mikrokosmos lebt, stehen nun plötzlich zig Millionen geschärfter Realitäten übereinander, die so gar nicht gleich ausschauen. Die Corona-Krise ist hier ein eindrückliches Beispiel: Der Chefarzt in einer überlasteten Klinik hat eine ganz andere Realität als der junge gesunde Bergbauer auf seiner Alp abseits jeglichen Trubels. Die Finanzökonomin hat ein ganz anderes Weltbild als die Leiterin eines Pflegeheims. Und der Politiker im exekutiven Amt hat eine ganz andere innere Realität, die nun ins Aussen projiziert wird, als die skeptischen Bürger, welche sich in ihrer Meinungsfreiheit gefährdet fühlen. Die Liste ist hier unendlich weiter ausbaubar. Darum geht es aber nicht. Es geht um die Erkenntnis, dass so eine Krise unsere tiefsten eigenen Ängste an die Oberfläche spült. Und zwar unterschiedlichste Ängste, mit unterschiedlichen Wurzeln. Angst vor dem Virus ist eine, für sich oder für die lieben Menschen um einem, Angst vor der wirtschaftlichen Existenz eine andere, Angst vor dem Verlust persönlicher Freiheit und Entscheidungsrechte ein weitere und Angst vor der sozialen Ausgrenzung wieder eine und Angst vor der Vereinsamung eine andere. Am Ende ist die Vielfalt der Ängste genauso vielfältig wie wir alle. Das kollektive Angstgefühl nimmt somit zu, es entsteht ein kollektives vielschichtiges und schwer greifbares Flucht-oder-Kampf-Verhalten. Unter dieser Angst fehlt uns dann schlichtweg die Fähigkeit, intuitiv und somit effektiv zu entscheiden. Das ist neurobiologisch und physiognomisch, wie ich das später zeigen werde, in so einem Moment gar nicht mehr möglich, es sei denn, der Einzelne hat sich dies bewusst wieder antrainiert. Es ist eine Fähigkeit, welche uns die Matrix weggenommen und ausgelagert hat, hinein in eine rationelle Entscheidungsmechanik des Gesamtsystems. In guten Zeiten und auch wenn es etwas kritisch wird, kann das System hier noch mehr oder weniger die Entscheidungsschwächen überspielen, aber sobald es an die grundlegende Existenz geht, ist das System überfordert, weil wir als Kollektiv überfordert sind. Als Individuum können wir eine Krise in eine grosse Chance umwandeln, weil wir sie lernen auszuhalten, weil wir uns in einen Reinigungsmodus begeben können. Jeder, der gestärkt aus einer individuellen Krise herausgekommen ist, sagt danach: «Es konnte mir kaum etwas Besseres passieren, aber zu jedem Zeitpunkt war es hart und ich musste lernen, mich mit meinen tiefsten Schatten auseinanderzusetzen.» Sich mit seinem Schatten auseinanderzusetzen geht als Individuum. Aber als Kollektiv? Selbst als Individuum gelingt es vielen nicht, weil sie nicht bereit sind auszuhalten und sich selber zu stellen, sondern umgehend nach einer raschen Erleichterung suchen. Das Kollektiv tut dies andauernd. Das Kollektiv, ausser es geht nicht anders, ist nicht bereit in eine grundlegende Selbstreflexion zu gehen. Warum? Weil wir in einem Sozialkonstrukt leben, welches nach dem Prinzip der raschen Erleichterung aus dem Aussen funktioniert. Buy now pay later. Wir leben auf dem Grundprinzip des Kredites. Das Kreditprinzip hat uns finanzökonomisch jenes Wachstum ermöglicht, welches uns in diesen aktuellen Wohlstand führte. Und es nistete sich dabei nicht nur als Kreditprinzip der Ökonomie ein, sondern als grundlegender Glaubenssatz der Moderne. Konsumiere auf Kredit, schaue das es dir jetzt gut geht und zahle dann deinen Schulden ab. Die Natur kennt dieses Prinzip nicht. Und so konsumieren wir im Hier und Jetzt, ohne uns der Konsequenzen wirklich bewusst zu sein. Wir konsumieren unsere Zeit, unsere Gesundheit, unseren Selbstwert, und dies stets über Angebote aus dem Aussen. Wir konsumieren immer mehr und haben dadurch immer weniger Reserven. Reserven brauchen wir aber, weil wir eine Welt aufgebaut haben, in welcher die Arbeitsteilung das vorherrschende Merkmal ist. Arbeitsteilung macht aber abhängig und erfordert, dass man Reserven hat, um in dieser Welt der Abhängigkeiten überhaupt überleben zu können. Die Natur funktioniert anders. Das beste Beispiel, wie mit Krisen umgegangen wird, zeigen uns unsere eigenen Zellen, und für diese Erkenntnis gab es 2016 den Nobelpreis der Medizin: Die Autophagie. Die Autophagie ist ein Zellreinigungs- und Zellerneuerungsprozess. Führen wir unseren Körper eine Zeit lang keine Nahrung zu, kommt er in den Modus der Autophagie. Früher hatte der Mensch immer wieder längere Perioden ohne Nahrung und der Körper nutzte dies aus, um sich auf Zellebene zu erneuern. Dabei wurden die kranken Zellen auseinandergenommen, die guten Teile wurden für den Aufbau neuer Zellen verwendet und die schlechten Teile ausgeschieden. Das Endergebnis war eine erneuerte frischere und gesündere Zellbasis. Das Prinzip der Autophagie findet sich auf Stufe der Mitochondrien, also der Kraftwerke und Organellen innerhalb einer Zelle ebenfalls, hier nennt es sich Mitophagie. Was schliessen wir daraus? Wachstum und Erneuerung braucht frei nach Schumpeter eine «schöpferische Zerstörung», welche die Natur als Grundprogramm in sich hat. Lehnen wir uns gegen dieses Grundprogramm auf, lehnen wir uns gegen eine riesige Kraft unseres Hauptsystems, in dem wir leben und aus dem wir bestehen auf. Unser System der Zivilisation hat ein Grundkonstrukt der mechanischen Kontrolle aufgebaut und ist damit sehr weit gekommen, hat sich aber gleichzeitig auch sehr weit vom Grundprinzip des Lebens und Seins entfernt. Jede grosse Krise zeigt uns auf der Metaebene zuerst genau das auf. Wir sind gewohnt zu kontrollieren, weil für uns Kontrolle Sicherheit bedeutet. Sobald wird aber das Leben zu kontrollieren beginnen, kontrolliert uns das Leben. Weil das Leben das Spiegelbild unseres Seins ist. Und genau deswegen lohnt sich ein Weg zu sich selbst, weil es im Endeffekt ein Weg zu seinen eigenen innersten Ängsten ist. Beginnen wir uns diesen Ängsten zu stellen, lernen wir sie auszuhalten, verlieren sie an Kraft und Macht über uns. Denn im Endeffekt sind es unsere innersten Ängste, eingepflanzt durch Erlebnisse und Erfahrungen unserer Kindheit und Jugend, aber auch unseres weiteren Weges und epigenetisch betrachtet nicht nur von uns selber, sondern unserer Ahnen, welche unseren Selbstwert, unseren inneren Reichtum anzweifeln und uns unserer eigenen Selbstliebe berauben. Wir sind heute so weit von uns selber entfernt, dass wir uns gar nicht vorstellen können, wie sich ein Selbstwert voller Freiheit und Liebe anfühlt. Diesen zu erreichen ist aber nicht das Ziel unseres Seins, nein, es ist der Weg dazu, welcher das Ziel darstellt. Warum ist der Weg heute so viel schwieriger? Weil wir ihn nicht intuitiv, sondern kognitiv begehen. Wir begehen ihn mit Kopf und Verstand und nicht mit Herz und innerem Wissen. Auch dies ist eine Folge der Moderne, welche ein mechanisches Konstrukt des Verstandes ist.


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Der Sarg auf der grünen Wiese der Jugendträume