In Beziehung mit allem, nur nicht mit uns selbst. Uiuiui, so krass? Ja.

Dies ist ein Auszug aus meinem Buch “Der Strange Times Transformation Guide”

Anerkennung durch andere, Scham bei Mangel und Abhängigkeit von Autoritäten: Diese Prägung in uns wurde nicht vom modernen Schulsystem entwickelt, sondern wird nur noch weiter gefördert. Es ist dieselbe Prägung, welche uns als Säugling das Überleben sichert: Es fehlt uns etwas, wir haben Hunger, kalt, warm oder etwas drückt und wir schreien, weil wir uns selber nicht helfen können. Sobald wir Anerkennung bekommen und unser Problem von einer Autorität von aussen gelöst wird, sind wir wieder zufrieden. Erleben wir schon als Säugling ein traumatisches Erlebnis in diesem Zusammenhang, so prägt uns dieses Ereignis massgebend und kann zu einem späteren unbewussten Vermeidungsmuster führen.

Die Schule wäre nun der ideale Ort, um uns aufzuzeigen, dass wir, je älter wir werden, desto unabhängiger sein können und unseren Selbstwert entwickeln. Sie wäre es, sie tut aber das Gegenteil, wie bereits genügend klar dargestellt. Sie standardisiert uns als Individuum und fördert die Abhängigkeit zu Anerkennung und Autoritäten und das Schamgefühl bei Mangel noch mehr. Statt dass wir unsere eigene Identität erleben und erfahren lernen, entkoppeln wir uns weiter weg von ihr und richten uns noch mehr nach dem Aussen und den Vorgaben, die lauten: «Genau so macht man es richtig.» Wir gewöhnen uns relativ rasch an diese Denkweise und die kritische Kinderstimme, die richtigerweise hinterfragt «Warum denn?», verstummt immer mehr. Schliesslich klingt alles sehr logisch. Brav sein, lernen, Prüfungen bestehen, gross werden, einen Beruf erlernen, Geld verdienen, Familie gründen, Haus kaufen, reich werden und frei und unabhängig sein. Dass die letzten beiden Punkte keinen direkten Zusammenhang mit allem anderen haben, ja sogar diesem widersprechen, das entzieht sich unserer Zukunftsvision, die man uns laufend und überall, in der Schule, im Elternhaus, in der Gesellschaft und in den Medien vermittelt. 

Mit diesem Aussen treten wir in eine intensive Beziehung, ohne jedoch je in eine richtige Beziehung mit uns selbst gekommen zu sein. Ein System ist aber immer nur so stark, wie das schwächste Glied im System. 

Auch wenn alle anderen dieses schwächste Glied unterstützen und so das System für längere Zeit seine Leistung erbringt, es funktioniert nicht optimal und irgendwann kommen Verschleisserscheinungen, Risse und Brüche. Solange wir selber mit uns nicht in Beziehung sind, uns selber nicht verstehen, mit uns selber keinen Dialog führen können und wollen, solange kann auch keine einzige weitere Beziehung reibungslos bestehen und wachsen. Früher oder später kommt es zu Spannungen, die wir dann als Fehler des Gegenübers deuten und in den meisten Fällen beginnt dann die Spirale nach unten zu drehen. Dabei realisieren wir in den seltensten Fällen, dass unser Gegenüber nur die Spiegelung unserer inneren Projektionen ist, welche über die Palette unserer Emotionen unsere tiefsten Ängste, Verletzung, unsere Leere und unsere Mangel offenlegen. Aus diesem Grund empfehle ich in jeder zwischenmenschlichen Beziehung und vor allem bei einer Paarbeziehung in so einer Situation nicht die Beziehung retten zu wollen oder sogar, um diese zu kämpfen zu beginnen, sondern einander zu sagen: «Wir anerkennen die Situation als solche und jetzt geht jeder zuerst auf die innere Reise zu sich selbst, um bei der Beziehung zu sich selbst mit der Reflexion zu beginnen.» Der Versuch eine Beziehungskrise zu lösen, indem man den Finger auf den anderen zeigt, die Schuld dem anderen gibt und denkt «Ich bin in Ordnung, du musst dich ändern», führt in die komplett falsche Richtung. Schon nur die Aussage «Ich will um die Beziehung kämpfen» zeigt die Problematik auf, selbst wenn der Satz sehr heldenhaft und mutig tönt. Wo ein Kampf ist, dort ist Anstrengung, Anspannung und dort gibt es immer auch einen Verlierer. Eine Beziehungskrise ist immer eine Krise zur Beziehung mit sich selbst. Und es ist immer auch eine Weichenstellung, ein Setzen eines Samens, wie die Beziehung in Zukunft weitergehen soll. Nicht das Krisenereignis im Moment führt zum Bruch einer Beziehung, sondern erst jede mögliche darauffolgende Handlung. Beginnt einer oder beginnen beide oder alle um sich zu schlagen, so geht sehr viel zu Bruch, das nur noch mühsam repariert werden kann und immer Bruchstellen aufweisen wird. Geht man nach der ersten Enttäuschung und Wut, die durchaus sein darf und sein soll, und in welcher hoffentlich nicht schon zu viel kaputtgemacht wurde, in eine bewusste Beobachtung der Situation und in eine neutrale Anerkennung der Tatsachen, so kann hier etwas wundervolles Neues daraus entstehen. Eine neue Beziehung, in welcher Form auch immer. Je mehr jeder die Energie fliessen lässt, seine innersten Ängste anerkennt, ausspricht und ans Tageslicht bringt und je weniger Blockaden durch gegenseitige Zerstörung unbewusst aufgeladen werden, desto eher wird genau das in Zukunft entstehen, was für alle in der Beziehung der beste Weg sein soll. Unter der Bedingung, dass jeder auf die Reise zu sich selber geht.

Weil wir aber nie gelernt wurden, uns selber zu verstehen, sondern immer konditioniert und geschult wurden, uns nach dem Aussen zu richten, fehlt uns der Bezug zu uns selbst. Wir Projizieren die Kommunikation unseres Inneren mit uns unreflektiert weiter auf die Beziehung zu anderen Menschen. Und je näher uns der Mensch steht, desto schmerzhafter wird unsere Erfahrung. Die Situation wird dadurch noch komplexer, weil beide auf den anderen projizieren und keiner sich selber reflektiert. «Ein reflektierter Mensch» ist ein Wortlaut, den wir gerne benutzen, um jemanden als besonnen und bei sich zu bezeichnen. Dieser Mensch steht mit sich in Beziehung und bevor er die Ursache im Aussen sucht, geht er in sich hinein. Damit dies aber erfolgreich gelingt, muss man sich selber verstehen lernen. Fündig an Erkenntnis wird nur der, der weiss, wo er in sich suchen muss und wie er mit sich in Dialog kommen kann. 

Fündig wird nur der, der weiss, welche Fragen er sich selber stellen muss, um die richtigen Antworten zu erhalten. Die Qualität der Antwort fundiert stets auf der Qualität der Frage.

Hier kommt aber das nächste Problem: Haben wir je gelernt, richtig Fragen zu stellen? Eine Frage so zu formulieren, damit wir jene Antwort erhalten, welche uns zu unserem Ziel bringt? Hierzu müssten wir zuerst wissen, welches unser eigenes Ziel ist. In einem System, welches uns aber die Ziele vorgibt, scheitert es schon daran. Wir stellen also ein Huhn-Ei-Problem fest: Ohne zu wissen, wohin wir selber wollen, können wir nicht wissen, was wir suchen und wonach wir fragen sollen. Ist uns der Weg zu uns selbst also komplett verwehrt? Nein, der Weg beginnt beim Dialog mit sich selbst. Und zwar beim Zuhören von sich selbst. Wann hören wir uns selbst schon zu, vor allem, wenn wir uns eigentlich sagen möchten, dass wir Angst haben und uns ungut fühlen? Statt dass wir uns das eingestehen, in einen offenen Dialog des uns selber Zuhörens gehen, gehen wir ins Aussen, suchen dort entweder die Lösung oder lassen unseren Frust an anderen aus. Gute Zeiten zeichnen sich in zwischenmenschlichen Beziehungen durch die Tatsache aus, dass wir uns gegenseitig auffangen können und die Schwäche des einen, die Angst, den Frust, die Wut und Projektion des anderen abfedern kann, weil er selber im Moment genug stark dazu ist. Eine Krise beginnt dann, wenn das Energieniveau beider, der Gruppe oder des Kollektivs, zu sinken beginnt und wir uns gegenseitig nicht mehr stützen können, sondern einander durch die Projektionen aufeinander und sich selbst nur noch weiter hinunterziehen. Dabei beginnt dieser Teufelskreis immer bei unserer Hauptbeziehung – nämlich der Beziehung zu uns selbst. Je weniger wir einen Bezug zu uns selber haben, je weniger Selbstliebe wir zu uns selber empfinden, desto mehr treten wir in Abhängigkeit zum Aussen. Diese Abhängigkeit gibt uns Energie, und zwar in verschiedenster Form. In Form von Substanzen, Konsum, Macht, Status, Beziehungen, exzessiven Erfahrungen und Erlebnissen und vielen weiteren Formen. Je weniger Energie wir in uns selber haben und in uns selber erzeugen können, desto abhängiger werden wir. Es entsteht eine Sucht, die nichts anderes darstellt als eine fehlende Beziehung zu sich selber. Jegliche Flucht ins Aussen entsteht aus einer Leere im Innen. Wer mit sich selber nicht in Beziehung steht und sein bester Freund ist, der braucht stets Reize aus dem Aussen. Der Teufelskreis nimmt seinen Lauf, das eigene innere Kind beginnt immer wie mehr zu schreien und kommt zu immer ungünstigeren Zeitpunkten zum Vorschein. Statt es dann zu umarmen, wie wir jedes um Hilfe rufende Kind umarmen würden, verstärkt sich unsere entsprechende Emotion noch mehr. Nachdem wir die erste negative Emotion, den Zweifel, die Enttäuschung, die Angst oder was es auch immer ist, rausgelassen haben, beginnen wir uns selber, meist unbewusst, noch mehr zu verurteilen und erhöhen die negative Emotion damit noch mehr. Dadurch verfallen wir dem grössten Selbstwertzerstörer von allen, nämlich unserem schlechten Gewissen. Erst das Gewissen ermöglicht den Zweifel am Selbstwert. Menschen ohne Gewissen kennen dieses Gefühl nicht, aber fast ein jeder Mensch, ausser er hat eine klar definierte psychische Störung, hat ein Gewissen. Das Gewissen ist ein zentrales Steuerungselement der Matrix. Es wird uns von klein auf eingepflanzt, und dies nicht einmal zwingend böswillig. Aber dieses Gewissen verlässt uns dann meistens ein ganzes Leben lang nicht, weil wir uns gar nicht bewusst sind, wie stark es uns steuert und wie stark unser Selbstwert darunter leidet. Bedeutet dies, dass wir zu einem Egomanen werden sollen? Nein, im Gegenteil. Es bedeutet, dass wir mit uns selber und mit unserem inneren Kind wohlwollend in Beziehung treten. Dass wir unserem inneren Kind ein Zuhause des Verständnisses und der Akzeptanz geben, genauso wie es ist. Und dass wir nicht zuerst alle anderen Menschen im Aussen und unsere Beziehung zu ihnen in den Vordergrund setzen. Dies bedeutet aber auch gleichzeitig, dass wir den Menschen im Aussen auf Augenhöhe, mit Respekt und Liebe für ihre eigene Realität begegnen. Wenn wir dies tun, verhindern wir automatisch, dass erst überhaupt eine Situation entsteht, die ein schlechtes Gewissen nähren kann. Es ist ein wohlwollendes in Beziehung treten mit seinem Innen und mit dem Aussen gleichzeitig. Was aber wiederum nicht zu verwechseln ist mit «keine Grenzen setzen». Auch hier ist das Gegenteil der Fall: Wer sich selber wertschätzt, der weiss auch Grenzen zu setzen. Diese Grenzen setzt er aber passiv und nicht, indem er die Grenzen des Gegenübers überschreitet. Durch das Grenzensetzen ermöglicht man dem Gegenüber, mit sich selber in Beziehung zu gehen. Grenzen setzen bedeutet nichts anderes als «Ich bin verantwortlich für mich, schaue zu mir und meinem inneren Kind und du bist verantwortlich für dich, schaust zu dir und deinem inneren Kind.» Wenn wir diesen Ansatz wählen, kann jeder für sich mit sich in Beziehung gehen, den Dialog mit sich selber aufnehmen. Wenn das Gegenüber das nicht will, liegt dies nicht in unserer Verantwortung. Wir können direkt immer nur in den Dialog mit uns selber gehen und selber wachsen und reifen. Dadurch tragen wir unsererseits zum Wachstum und zur Reifung der Beziehung mit dem Gegenüber bei. Mehr können wir aber nicht tun. Was daraus am Ende entsteht, haben wir zu akzeptieren und damit zu leben. Es ist der natürliche Fluss der Energie. Jeglicher Eingriff in diesen Fluss erzeugt nur Blockaden, welche sich aufstauen und je länger wir daran festhalten, desto grösser wird der Entladungseffekt werden.

Was uns daran hindert, unseren Fokus ausschliesslich auf die innere Beziehung zu uns selbst zu legen, ist unsere Angst, was im Aussen ist, zu verlieren. Je mehr Abhängigkeiten wir zum Aussen haben, desto stärker werden wir vom Aussen in unserem Leben beeinflusst. Desto stärker legen wir unseren Fokus ins Aussen und desto weniger haben wir Zeit für unser Innen. Dieser Teufelskreis ist schwer zu durchbrechen. Aus diesem Grund fungieren schwere Krisen, in denen wir etwas Substanzielles im Aussen verlieren als Initiierung eines Transformationsprozesses und Beginn einer Reinigung. Plötzlich fehlt etwas Wichtiges im Aussen. Wir haben nun zwei Möglichkeiten: Entweder wir suchen umgehend nach Ersatz, was je nach Verlust einfach oder schwierig ist, oder wir nehmen diesen Verlust hin, tauchen ein in die schmerzhafte innere Leere und suchen den inneren Dialog mit uns. Denn in Tat und Wahrheit sind wir im Innern nicht leer, wir haben dort das Wichtigste, was wir zum Leben brauchen: Uns selber, unser inneres Kind. Dieses sehnt sich die ganze Zeit nach nichts mehr, als endlich Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen. Das Schlimmste, was wir unserem inneren Kind antun können, ist folgendes im Aussen zu sagen: «Ich kann ohne dich nicht leben» und damit einen anderen Menschen zu meinen. Das innere Kind steht da, in grösster Verzweiflung, und schreit: «Und ich, was ist mit mir, bin ich niemand?» Wenn ein jeder von uns sein inneres Kind in den Arm nehmen würde und ihm immer wieder sagen würde, wie gut es ist und dass es reicht, dann wäre die Welt von heute auf morgen ein zauberhafter Planet. Wenn ein jeder sein inneres Kind pflegen würde, würde das Ego automatisch schrumpfen und es gäbe viel weniger Anlass, in die Sphäre des Gegenübers überzugreifen, was wirm bewusst und meist unbewusst, aus unserem inneren Programm heraus andauernd tun. Am meisten oft gegenüber unseren nächsten Personen, und hier am intensivsten gegenüber unseren Kindern. Geschieht dies, hat dies immer nur einen einzigen Grund: Eigene Angst, in unterschiedlichster Form, projiziert auf das Gegenüber. Eine Projektion des eigenen Realitätskonstruktes auf die Realität des Gegenübers. Je dominanter wir sind, desto erfolgreicher sind wir darin, unsere Realität dem Gegenüber aufzudrücken. Kann das wirklich unser Ziel sein?

Machen wir dazu einen etwas mutigen unkonventionellen Gedanken: Nehmen wir an, die Reinkarnation gibt es wirklich und wir leben nicht nur einmal. Wir leben immer wieder. Wie würden wir dann leben? Wie stark wäre unsere Angst dann noch? Gäbe es so etwas wie die Angst überhaupt? Oder ist die Wurzel jeglicher Angst die Angst vor dem Tod, der eigenen Sterblichkeit und Endlichkeit? Was wäre da die Lösung? Genau: der Fokus auf das Sein und den Moment. Doch vor lauter Angst, welche sich natürlich nicht in dieser klaren Endform manifestiert, sondern sich meistens diffus und oft auch gar nicht als Angst, sondern in anderen Emotionen wie Wut, Zweifel, Enttäuschung oder Sorge äussert, verpassen wir den Moment andauernd. Wir arbeiten stets auf den Moment hin, ohne je im Moment zu sein. Wir sind stets im Aussen und nie bei uns. Denn der Moment ist nichts anderes, als bei sich selber zu sein.

Wenn wir schon beim Thema der Reinkarnation sind, gibt es auch hier ein spannendes Gedankenspiel, das uns im zwischenmenschlichen Dialog mit unserem Gegenüber neue Dimensionen öffnen kann. Stelle dir dabei vor, dein Gegenüber, also zum Beispiel dein Kind, wäre in einem früheren Leben dein Elternteil gewesen. Oder umgekehrt: Dein Elternteil wäre dein Kind gewesen. Oder jede beliebige Kombination, es spielt keine Rolle, denn das Ziel ist immer dasselbe: aus der Rolle hinauszusteigen in das reine Sein. Zwei Seelen begegnen sich und gehen in Beziehung zueinander. Frei von Bezeichnungen, Zuordnungen, Rollen, Vorgeschichten und Schubladisierungen. Dieser Ansatz hört nicht bei Menschen auf, er kann weitergezogen werden auf Tiere und jegliche Lebewesen und Seelenformen. Probiere es aus und lass es auf dich wirken.


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