Sulawesi liegt nicht in Griechenland – Verblüfft sind wir aber beiderorts

Unnatürliche Grösse gilt auch für Wirtschaftsstrukturen

Auf der indonesischen Insel Sulawesi wurden kürzlich auch abgebrühte Biologen stutzig: Sie fanden dort eine Riesenwespen-Art, welche mit 6 cm Körperlänge fünfmal grösser war als unsere Wespen. Und sich dabei offenbar tapfer gegen die Prinzipien uns nachvollziehbarer Schwerkraft wehrte – lernten wir doch in der Physikstunde, dass überdimensionierte Insekten wie auch Lebewesen nicht existieren können. Da das Gewicht überproportional zur Grösse ansteigt, reicht die Muskelkraft irgendeinmal nicht mehr aus. 

In der Finanzwelt ist dies eigentlich nicht anders. So blieb uns von den ursprünglichen ersten zwölf Gross-Unternehmen im bekanntesten und zweitältesten Aktienindex der Welt, dem Dow Jones Industrial, nur eine Firma in gleicher Form und Grösse erhalten: General Electric. Oder anders: Minus elf ausgestorbene Giganten. Schweizer Beispiele gefällig? Schwelgen Sie doch einmal in der Geschichte von Bally, dem weltgrössten Schuhhersteller. Oder Oerlikon-Bührle. Oder denken Sie zurück: An die ersten grossen und erfolgreichen Banken wie die Medicis, welche im Mittelalter in Italien mächtiger als der Staat waren – oder quasi der Staat selbst. 

Wiederholt sich die Geschichte wieder einmal? Und wird diese symptomatisch am Ort der ersten neuzeitlichen Theaterstätten wiedererzählt? Wer das Schauspiel rund um die Verschuldung Griechenlands und weiterer kleinerer Staaten genauer und logischer verfolgt, muss fragen: Was ist dieses Mal anders, dass diese Staaten nicht in den Bankrott gelassen werden? Wo ist hier der Unterschied zum Fall Argentinien? Die letzten Tage verdeutlichen es einmal mehr: Die europäische Schuldenkrise ist gar keine Krise der Staatsschulden – sondern der Banken. Poker-Domino. Im Unklaren über die Verflechtung europäischer Grossbanken mit den Schuldenstaaten getraut sich niemand, den ersten Stein fallen zu lassen. «Too big to fail». Zu gross, um fallengelassen zu werden. Die Banken, nicht der Staat. Und wieder einmal scheint es, als seien die Banken der Staat. 

Die Riesenwespe von Sulawesi geniesst ein Inseldasein. Wir bestaunen die exotische Laune der Natur, sicher aus weiter Ferne. Bei den Grossbanken, einer Laune der Menschen, sind wir da schon näher am Geschehen... 

Sechzehnter September Zweitausendzwölf

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www.spiegel.de, Heft-Reihe «Spiegel-Geschichte», 04/2009 «Geld»

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Wenn Besinnlichkeit zur Erkenntnis des «Schmiermittels» führt …

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